Die Possessivpronomen (POSS) im Singular sehen folgendermassen aus:

 

POSS-1  – 00:11

Handform mit Handfläche auf die Brust (Dt. mein) 

 

POSS-2  – 00:14-00:16

Handform mit Handfläche und Blick (Dt. deinauf Gesprächspartner:in gerichtet

 

POSS-3  – 00:19-00:20

Handform mit Handfläche (Dt. sein/ihr) seitlich zum Lokus IX3, Blick kurz zu IX3 und zurück zum Gegenüber

 

Die Possessivpronomen im Plural werden gebildet durch das jeweilige Possessivpronomen im Singular und das Hinzufügen des entsprechenden Personalpronomens (‘mein + wir’, ‘dein + ihr’, ‘sein/ihr + sie):

 

POSS-1 + IX-1pl  – 00:36-00:43

Handform mit Handfläche auf Brust + kreisende  Bewegung mit Zeigefinger

oder

POSS-1 + IX-1pl(Hf-5)  – 00:36-00:43

+ kreisende Bewegung mit 1 – Handform (Handfläche nach unten)

 

POSS-2 + IX-2pl  – 00:52-00:53

Handform mit Handfläche gegen und Blick auf Gesprächspartner:in gerichtet + kreisende Bewegung mit Zeigefinger

oder

POSS-2 + IX-2pl(Hf-5) – 00:52-00:53

+ lateral von links nach rechts

 

POSS-3 + IX-3pl  – 01:01-01:04

Handform mit Handfläche seitlich zum Lokus IX3, Blick kurz zu IX3 und zurück zum Gegenüber + kreisende Bewegung mit Zeigefinger

oder

POSS-3 +IX-3pl(Hf-5) – 01:01-01:04

+ Handform kreisend und seitlich zum Lokus IX3

 

Das Bilden oder Unterteilen von Gruppen von Referent:innen geschieht durch die Bewegungsausführung: Es wird die Zahlgebärde mit der entsprechenden Anzahl an ausgestreckten Fingern gebildet, danach schliessen sich die Finger, um den Daumen zu treffen:

(a) FÜNF  – 00:11-00:12

 

In folgendem Beispiel wird eine Gruppe bestehend aus zehn Frauen unterteilt in zwei Dreier- und eine Vierergruppe. Zuerst bildet die dH die Gebärde ‘DREI’ mit der Handfläche nach oben, dann modifiziert sie diese zu einer Gruppe, indem sie die Hand leicht nach unten bewegt und die Finger zum Daumen schliesst. Die ndH macht dasselbe mit Modifikationen für eine weitere 3er-Gruppe und tut dies dann noch einmal mit der Gebärde ‘VIER’ (ebenfalls mit der Handfläche nach oben). Diese drei Untergruppen werden an leicht unterschiedlichen Stellen im Raum platziert.:

(b)

IX-3pl   ZEHN   FRAU   IX-3pl   |   ICH   DREI(Gruppe)a  DREI(Gruppe)b  VIER(Gruppe)c  VIER – 00:12-00:14

‘Die Gruppe von zehn Frauen habe ich in zwei Dreiergruppen und eine Vierergruppe eingeteilt.’

Auf diese Weise kann zum Beispiel in Gruppenarbeiten eingeführt werden.

Die Art und Weise der Bewegung bei der Ausführung der Zahleninkorporation informiert darüber, ob die gebärdende Person auch in die Gruppe eingeschlossen ist oder ob mehrere Gruppen (‘ihr’ und ‘sie’) zu einer grösseren Gruppe zusammengeschlossen werden.

 

Im folgenden Beispiel zunächst eine Äusserung im exklusiven Plural, in welchen weder die gebärdende Person noch der/die Adressat:in eingeschlossen sind:

(a) ‘sie/die 5er-Gruppe’  – 00:29-00:30

 

Berührt die kreisende Bewegung der Hand den Oberkörper der gebärdenden Person, dann ist sie in die Gruppe eingeschlossen, es handelt sich also um einen inklusiven Plural:

(b) ‘5er-Gruppe inkl. ich’  – 00:31-00:32

 

Wenn die Bewegung die räumlichen Bezugspositionen sowohl der zweiten als auch der dritten Person einschliesst, dann werden diese als zu einer Gruppe gehörig bezeichnet:

(c) ‘5er Gruppe bestehend aus euch und ihnen’  – 00:41-00:42

 

Wenn die Bewegung der Gebärde eine Berührung mit dem Oberkörper der gebärdenden Person beinhaltet, wird auch diese in die Gruppe einbezogen:

(d) ‘5er Gruppe bestehend aus euch und mir’  – 00:48-00:50

 

Bewegung, Position und Körperkontakt geben somit Auskunft darüber, wer Teil der Gruppe ist. (Inklusiver vs. Exklusiver Plural)

Die Pluralpronomen machen keine Angaben zur genauen Anzahl der enthaltenen Referent:innen. Gruppierungen bis zu fünf können jedoch durch die Inkorporation der entsprechenden Zahl dargestellt werden.

Nachfolgend einige Beispiele, wie diese Inkorporationen ausgeführt werden:

(a)

IX-3pl(Zahl-fünf)   – 00:20-00:42

 

Bei Gruppen von über fünf Referent:innen wird die entsprechende Zahlgebärde dem Pluralpronomen vorangestellt: Ein Beispiel:

(b)

SIEBEN  IX-3pl

SIEBEN  PERSONpl  IX-3pl

SIEBEN  IX-2pl

SIEBEN  PERSONpl  IX-3pl

– 00:50-00:57

Wenn mehrere Referent:innen verortet werden sollen, so geschieht dies an unterschiedlichen Stellen (Loki) im Gebärdenraum. Rechtshänder:innen setzen Indexe eher vor dem Körper bis rechts im Gebärdenraum, bei Linkshänder:innen verhält es sich genau umgekehrt.

Die nichtdominante Hand (ndH) kann das Indexieren auf zuvor mit der dominanten Hand (dH) verortete und indexierte Referent:innen übernehmen. Zur Verdeutlichung ein Beispiel:

(a)

dH:   POSS-1CHEF   IX-3   NICHT  DA  |  SELBER3  NICHT   EINVERSTANDEN  |  HEUTE   FREI  ||  – 00:28-00:37

ndH:                                              IX-3(hold) ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––   ||    

Mein Chef ist nicht da. Er ist nicht einverstanden, dass wir heute frei nehmen.

 

In diesem Beispiel wird der ‘Chef’ zunächst mit der dH verortet und indexiert. Anschliessend übernimmt und hält die ndH den Index (‘er’). Das Halten (hold) durch die ndH dient dabei als Orientierungspunkt. Während mit der dH weiter gebärdet wird, bleibt ersichtlich, welcher Teil der Aussage sich auf den Chef bezieht. Die gehaltene Indexierung durch die ndH wird als Boje bezeichnet. Wie eine schwimmende Boje ein Schiff an Ort und Stelle hält, so hält diese Boje die Referenz über mehrere mit der dH ausgeführte Gebärden hinweg aufrecht. Das gleichzeitige Benutzen der dH und ndH macht die Kommunikation effizient und stellt stets klar, auf welche Referent:in Bezug genommen wird.

Die Gebärde ‘SELBER’ kann auch eine reflexive Bedeutung haben (analog zum Reflexivpronomen im Deutschen). Sie betont dann, dass eine Handlung von der handelnden Person selbst ausgeführt wird. Die Gebärde ‘SELBER’ wird an jenem Lokus produziert, an dem zuvor die Person verortet wurde. Dazu ein Beispiel:

(a)

EIN  MÄDCHEN  KLEIN IX-3  SELBER3  PROD-waschen(Gesicht) II – 00:11-00:16

‘Ein kleines Mädchen wäscht sich sein Gesicht.’

Als Bezugsindex kann ebenfalls die Gebärde ‘SELBER’ dienen.

 

(a) SELBER– 00:16-00:17

Hierzu ein Satzbeispiel:

(b)

GESTERN  POSS-1  FREUND  ICH  IX-3   1TREFFEN3a |

(mit NMK-Mimik diese! SELBER3) )  ICH  KENNEN  1BEIDE3  AUFWACHSEN  ||00:12-00:20

‘Gestern habe ich meine Freundin getroffen, die ich von klein auf kenne.’

Der Bezugsindex nimmt innerhalb eines Satzes die Funktion eines Relativpronomens ein. Der Index wird von einer bestimmten Mundform und Kopf- und Oberkörperhaltung begleitet:

(a)

Blickrichtung/Mimik:    ix-3   (bestimmt/diese!)

Hände:                            IX-3    – 00:00-00:04

 

Ein Bezugsindex verbindet zwei Hauptsätze (b) zu einem Satzgefüge (c):

(b)

Satz 1:    GESTERN   POSS-1   FREUND   IX-3  ICH  1TREFFEN||

Satz 2:    IX-3ICH  KENNEN   SCHON   VERGANGENHEIT(mb:lange)  ||  – 00:30-00:37

‘Gestern habe ich meine Freundin getroffen. Ich kenne sie schon lange.’

 

Nichtmanuelle Komponenten markieren den Unterschied zwischen dem Hauptsatz (1) und dem eingebetteten Relativsatz (2).

(c)

GESTERN   POSS-1   FREUND  | (mit NMK-Mimik:  ICH   IX-3  ICH  KENNEN  VERGANGENHEIT(mb:schonlang)  AUFWACHSEN)  |   ICH  1TREFFEN3  ||  – 00:43-00:50

Satz (1): Kinn: hoch     Satz (2): Kopf hinten+Mimik gespannt      Satz (1) Kinn: hoch

‘(1) Gestern habe ich meine Freundin, (2) die ich schon seit meiner Kindheit kenne, (1) getroffen.’

 

Der Bezugsindex liefert also zusätzliche Informationen zur/zum eingeführten Referent:in und leitet einen Relativsatz ein.

 

Zur Veranschaulichung ein weiteres Beispiel zweier Hauptsätze (d), die mittels Bezugsindex zu einem Satzgefüge (e) zusammengeführt werden:

 

Bezugsindex als Form der lexikalisierten Relativpronomen –  Beispiel  1

 

Satz 1: VERGANGENHEIT  SOMMER  FERIEN  |   ICH   IXa  HOTEL  IXa  WEILENa  ||

‘Die letzten Sommerferien habe ich im Hotel verbracht.’

Satz 2:   POSS-1  MUTTER  IX-3  VORSCHLAGEN  IXa  HOTEL  ||  – 00:00-00:10

‘Meine Mutter hatte mir dieses Hotel vorgeschlagen.’

 

 

Satz 3: VERGANGENHEIT  SOMMER  FERIEN  ICH  IXa  HOTEL |  (mit NMK-Mimik: IXPOSS-1  MUTTER   VORSCHLAGENa  IXa)  |  ICH   IXa  WEILEN  FERIEN  IXa  ||  – 00:17-00:24

‘(1) Die letzten Sommerferien habe ich in dem Hotel, (2) das mir meine Mutter vorgeschlagen hatte, (1) verbracht.’

 

Die einzelnen Satzteile sind durch unterschiedliche Mimik und Stellung von Kopf und Oberkörper gekennzeichnet, wie in folgendem Beispiel erläutert wird:

 

Bezugsindex als Form der lexikalisierten Relativpronomen –  Beispiel  2

 

IXa   BROT   IX(Mit NMK-Mimik: GESTERN  ICH  KAUFEN   IXa  FEIN  (Geste: sehr)  ||  – 00:00-00:07

‘Das Brot, das ich gestern gekauft habe, ist sehr fein.’

 

Mimische Hinweise auf einen Relativsatz können subtiler ausfallen und von anderen Intentionen überlagert sein:

 

Bezugsindex als Form der lexikalisierten Relativpronomen –  Beispiel  3

 

IXa   HEMD  IXa   NEU  (Mit NMK-Mimik: DU  GESTERN  KAUFEN  IXaIXICH   GEFALLEN  NICHT  ||  – 00:04-00:06

‘Das neue Hemd, das du ja gestern gekauft hast, gefällt mir nicht.’

 

Der/die eingeführte Referent:in (das neue Hemd) (Topikalisierung) wird durch den Relativsatz spezifiziert (‘das du gestern gekauft hast’). Der Bezug wird durch die leicht geschlossenen Augen hergestellt. Das Kopfnicken bringt das gemeinsame Vorwissen zum Ausdruck (‘wie wir beide wissen’):

Danach folgt der Kommentar zum/zur Referent:in (‘gefällt mir nicht).

Die einzelnen Aussagen werden durch die wechselnde Stellung von Oberkörper und Kopf differenziert.

Formelles Register:

Das benutzte Sprachregister manifestiert sich in der Handform, mit welcher die Personalpronomen gebildet werden. In einem formellen Register (z.B. Vorlesung, besonderer Anlass, Anwesenheit spezieller Gäste) wird anstelle des Index die flache Hand mit Handfläche nach oben verwendet:

IX-2(Hf-B)    

IX-3(Hf-B)    

Privates Register:

In einem intimen beziehungsweise privaten Register oder beim ‘Flüstern’ zeigt sich ein Personalpronomen diskreter. Der Index wird weiter unten im Raum, näher am Körper und in einem kleineren Radius, also weniger offensichtlich, ausgeführt. Auf dieselbe Weise kann auch mittels ausgestrecktem Daumen auf eine anwesende Person referenziert werden.

IX-3(Hf-A)

 

Möglich ist das Referenzieren in diesem Register auch alleine durch die Blickrichtung, wie folgendes Beispiel zeigt:

(a)

Blickrichtung:        ix-3

Hände:                          SCHWANGER  ||    – 00:58-01:00

‘Sie ist schwanger.’

Skip to content