Plural oder Pluralität bedeutet, dass etwas (ein/e Person, Sache, Tier, Idee oder Handlung/Aktion) mehrmals vorhanden ist bzw. ausgeführt wird. In der Gebärdensprache gibt es verschiedene Möglichkeiten, um Pluralität auszudrücken. Durch:

  • Hinzufügen einer lexikalisierten Gebärden, welche Pluralität ausdrückt
  • Hinzufügen einer produktiven Gebärde
  • leichte Modifikation von Namens-/Hauptgebärden oder «Nomen» (lexikalisierte Gebärden für Personen, Tiere, Sachen oder Ideen (abstrakte Inhalte)). Nicht modifiziert stehen diese immer im Singular.

    Diese Möglichkeiten und ihre Kombinationen werden nachfolgend erklärt.

Der Konsonant H wird nicht erläutert, da er nicht ablesbar ist.

Stehen die Konsonanten G und K am Anfang eines Wortes, so ist der Mund zu Beginn bereits leicht geöffnet und öffnet sich anschliessend noch etwas mehr. Stehen sie am Schluss eines Wortes, so schliesst sich der Mund etwas. Letzteres ist auch bei den Konsonanten CK, NK und NG der Fall.

Der Konsonant L wird durch die Zungenstellung sichtbar. Die Zungenspitze drückt sich dabei an die obere Zahnreihe im Mundraum. Das R kann entweder mit der Zungenspitze oder im Gaumen gebildet werden. Früher wurde gehörlosen Kindern das Zungenspitzen-R beigebracht, heute ist das nicht mehr so, beide Formen sind zulässig.
Wird das R ähnlich wie ein L gebildet, so kann es besser abgelesen werden. Es gibt Personen, welche die Zunge beim Bilden des L so stark hinausstrecken, dass die Zungenspitze einen Punkt oberhalb der Oberlippe berührt. Dies ist nicht nötig.

Um die Konsonanten S und C besser voneinander unterscheiden zu können, wird beim S der Kiefer oft etwas nach vorne geschoben. Bei SP muss beachtet werden, dass sich dies aus SCH und P zusammensetzt und auf dem Mundbild auch entsprechend abgebildet wird (‚sch-pielen‘, nicht ‚s-pielen‘). Der erste Teil von SP entspricht also dem Mundbild von SCH.

Um die Mundbilder der Konsonanten B, P und M unterscheiden zu können, wird der Lippenverschluss je unterschiedlich ausgeführt. Beim B werden die Lippen leicht geschlossen und anschliessend wieder leicht geöffnet. Im Gegensatz dazu erfolgen der Lippenverschluss (Lippen werden zusammengepresst) und das anschliessende Öffnen der Lippen beim P stärker. Beim M werden die Lippen nur zusammengepresst.

Im Vergleich zur Artikulation von Vokalen wird der Mund bei Konsonanten nicht so weit geöffnet, was dazu führt, dass Konsonanten weniger gut ablesbar sind. Es gibt viele Konsonanten und viele lassen sich in Gruppen mit ähnlichen Mundbildern einteilen. Um diese dennoch unterscheiden zu können, werden ebenfalls bestimmte Techniken angewendet. Wie bei den Vokalen auch werden Konsonanten am Anfang und am Endes eines Wortes gedehnt.

Dass beim Gebärden überhaupt Mundbilder eingesetzt werden, ist auf die langanhaltende lautsprachorientierte Tradition der Schulung gehörloser Menschen zurückzuführen. Gehörlose ihrerseits haben eigene Techniken entwickelt, um klare, deutliche und verständliche Mundbilder zu erzeugen. Es lassen sich dabei zwei Techniken unterscheiden: Die eine dient der Bildung von Mundbildern für Vokale und die andere der Bildung von Mundbildern für Konsonanten.

Alle Wörter beinhalten Vokale (A, E, I, O, U). Sie sind sehr wichtig, aber auch sehr einfach abzulesen, da sich der Mund beim Artikulieren öffnet. Bei der Artikulation der vielen Konsonanten hingegen ist der Mund geschlossener und die Mundbewegungen sind kleiner; Konsonanten sind daher schwieriger abzulesen. Für das Verständnis eines Mundbildes/eines Wortes sind die Vokale daher umso wichtiger.

Es kann beobachtet werden, dass die Art und Weise, wie Vokale gebildet werden, von ihrer Stellung innerhalb eines Wortes abhängt. Am Anfang, aber oft auch am Ende werden Vokale langsamer und deutlicher ausgeführt als in der Mitte eines Wortes. So z.B. beim Mundbild ‘a–ut-o’. Das etwas ausgeprägtere A lässt Zeit, den Anfang korrekt zu erfassen. Andernfalls könnte das ganze Wort verpasst werden. Diese Technik wird bei allen Vokalen angewendet.

Um die einzelnen Vokale gut voneinander unterscheiden zu können, werden weitere Techniken genutzt: Beim A öffnet sich der ganze Mund. Beim E wird das Kinn oft etwas nach vorne geschoben, beim I werden die Wangen nach oben gezogen, so lassen sich diese beiden Vokale gut unterscheiden. Zur Unterscheidung von O und U wird das Kinn beim U ebenfalls etwas nach vorne geschoben.

Mundbilder und Mundformen lassen sich nicht immer klar auseinanderhalten. Sie beeinflussen sich gegenseitig und können sich in einer Aussage überlagern, wie folgende Beispiele zeigen:

a)
FRAU  IX-3   KOMMEN   LÄUTEN   IX-3
‚Die Frau kommt und läutet.‘

Dieses Beispiel enthält fünf Gebärden und die zwei Mundbilder ‚Frau‘ und ‚läuten‘.

b)
FRAU  IX-3   KOMMEN   LÄUTEN   IX-3
‚Die Frau kommt und läutet.‘

In diesem Beispiel werden ebenfalls die Mundbilder ‚Frau‘ und ‚läuten‘ benutzt; zusätzlich wird die gesamte Aussage von einer Mundform begleitet, welche Überraschung/Erstaunen über das Geschehen ausdrückt (‚wer ist die Frau?‘, ‚warum kommt und läutet sie?‘).

c)
FRAU  IX-3   KOMMEN   LÄUTEN   IX-3
‚Die Frau kommt und läutet.‘

Auch in diesem Beispiel werden die Mundbilder ‚Frau‘ und ‚läuten‘ benutzt; zusätzlich wird die gesamte Aussage von einer Mundform begleitet, die ausdrückt, dass die Frau in Eile ist und das Geschehen gerade jetzt passiert.

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