Zehnerzahlen werden in der Regel mit beiden Händen gebildet:

(a) SIEBENACHTZIG   NEUNZEHN    – 00:07-00:10
‚87, 19‘

Es ist jedoch auch möglich, solche Zahlen einhändig (dH) auszuführen. Die ndH wird dabei durch das begleitende Mundbild ersetzt. Voraussetzung dafür: Der Kontext und die beteiligten Personen sind gut vertraut.

Einige Beispiele solcher Kurzversionen:

(b) ZWEIDREISSIG(mb:siebenachzig)  – 00:37-00:38
‚87‘

(c) VIERZEHN(mb:neunzehn)  – 00:43-00:44
‚19‘

Eine weitere Möglichkeit ist die räumliche Komprimierung der zweihändigen Zahlen 16 bis 19. Die dH und die ndH überlagern sich dabei:

(d) SECHSZEHN   SIEBZEHN   ACHTZEHN  – 01:02-01:04
‚16, 17, 18‘

Die räumliche Komprimierung ermöglicht eine schnellere Ausführung dieser Zahlen. Zudem eignet sie sich gut für die Kommunikation in taktiler Gebärdensprache mit gehörlosen Personen mit einer Sehbehinderung: Da die räumlichen Positionen der beiden Hände nicht auseinander liegen, kann die Zahl besser wahrgenommen und erfasst werden.

Die lexikalisierte Gebärde ‚ERSTENS‘ ist ein Homonym. Sie steht für zahlreiche andere Begriffe. Einige werden mit, andere ohne begleitendes Mundbild gebildet:

(a) EINS    ERS-TE    WICHTIG    HAUPTSACHE  – 00:26-00:34
‚Beste, wichtig, erste, Hauptsache, Betonung ‘

Die Stellung dieser Gebärde im Satz und das begleitende Mundbild geben darüber Auskunft, ob es sich um ein Aufzählungsglied (‚ERSTENS‘) oder um einen anderen Begriff handelt. Oder ob betont wird, dass das, was eben erwähnt wurde oder sogleich erwähnt wird, besonders wichtig ist.

Dieselbe Aussage (a) kann auch ohne römische Zahlen (b, c) umgesetzt werden:

(b) ERS-TE  TEIL    ZWEI-TE  TEIL    DRIT-TE TEIL  – 00:21-00:24

‚1. Teil, 2. Teil, 3. Teil.‘

(c) TEIL EINS(Hf:Zeigefinger) oder   EINS(Hf:Daumen)  – 00:26-00:28

‚Teil 1.‘

Die römischen Zahlen I und II werden wie folgt gebildet:

Dazu ein Beispiel:

(a) TEIL  EINS(Hf:Zeigefinger)   TEIL  ZWEI(Hf:Zeigefinger)   TEIL  DREI(Hf:Zeigefinger) – 00:12-00:17

‚Teil I, Teil II, Teil III.‘

Anstelle der üblichen Darstellungen der Zahlen 1 und 2 (siehe Kapitel 14.11) stehen die römische I und die römische II.

In der digitalen Schreibweise der Uhrzeit steht zwischen den einzelnen Zeiteinheiten (z.B. Stunden und Minuten) ein Doppelpunkt. In Gebärdensprache kann je nach Kontext eine rein räumliche Anordnung (a) gewählt oder zusätzlich ein Doppelpunkt gesetzt (b) werden. Dabei werden die Zeiteinheiten (z.B. Stunden und Minuten) als Zehnerzahlen gebärdet:

a) DREIZWANZIG(leicht links)   FÜNFZEHN(leicht rechts) – 00:15-00:17

‚23:15‘

b) DREIZWANZIG(leicht links)   DOPPELPUNKT   FÜNFZEHN(leicht rechts)  – 00:18-00:20

‚23:15‘

Wettkampfzeiten setzen sich oft aus drei Zeiteinheiten (z.B. Minuten, Sekunden, Zehntelsekunden) zusammen. Die räumliche Anordnung im Gebärdenraum hilft, die einzelnen Zeiteinheiten voneinander zu unterscheiden:

c) DREIZWANZIG(leicht links)   DOPPELPUNKT   FÜNFZEHN(leicht rechts)   DOPPELPUNKT   NULL FÜNF(rechts)  – 00:36-00:38

‚23:15:05‘

In Beispiel (c) werden die drei Zeiteinheiten an unterschiedlichen Positionen ausgeführt. Zusätzlich wird zwischen der zweiten und dritten ein Doppelpunkt gesetzt. Dieser ist nicht obligatorisch.

Die einzelnen Zahlen einer langen Zahlenreihe werden – analog der Schreibrichtung – aus Sicht der gebärdenden Person von links nach rechts aneinandergereiht:

a) NULL(links-)  SIEBEN  NEUN  VIER  SECHS  EINS  SIEBEN  FÜNF  DREI SECHS(-rechts)  – 00:25-00:18

‚0794617536‘

Eine Telefonnummer könnte auch im neutralen Raum vor dem Körper gebärdet werden:

b) NULL  SIEBEN  NEUN  VIER  SECHS  EINS  SIEBEN  FÜNF  DREI  SECHS  – 00:39-00:18

‚0794617536‘

Das durch die räumliche Anordnung in Beispiel (a) vermittelte Bild einer linearen Zahlenreihe wirkt jedoch klarer.

Eine weitere Möglichkeit ist das Gruppieren einzelner Ziffern innerhalb einer Telefonnummer zu Zehnerzahlen, wie dies in der Schreibweise mit Leerzeichen der Fall ist:

c) ….FÜNFSIEBSZIG(leicht rechts)   SECHSDREISSIG(rechts) – 01:05-00:08

‚… 75 36‘

Einige Zahlenreihe (z.B. Versicherungspolice-Nummern) enthalten Punkte, Bindestriche, Kommas oder Sterne. Diese werden in Gebärdensprache ebenfalls angezeigt:

d) EINS  EINS  SIEBEN   STRICH   DREI  DREI  FÜNF   KOMMA … – 01:35-01:41

‚117-335, …‘

Zahlen werden meist mir der dH, dürfen aber auch mit der ndH gebärdet werden. Es ist auch möglich, Zahlen – nacheinander beziehungsweise abwechselnd – mit der dH und der ndH auszuführen:

a)
ndH:  EINS(oben-links)   ZWEI(unten-links)
dH:     DREI(oben-rechts)  VIER(unten-rechts)  
– 00:16-00:18
‚Diese ½, diese ¾ .‘

Die beiden Zahlen in Beispiel (a) werden an unterschiedlichen Positionen im Raum ausgeführt, dort, wo zuvor Referent:innen verortet wurden. Während die zweite Zahl gebärdet wird, hält die andere Hand die zuerst ausgeführte Zahl. Indem beide Hände in Gebrauch sind, bleiben beide Zahlen ersichtlich.

b)
dH:    DREI-IX-3pl(rechts) IX(rechts)   JETZT   PRÜFUNG    IX(rechts)
ndH: VIER-IX-3pl(links) > > 4-IX-3pl(li)   MÜSSEN   WARTEN   IX(li)
– 00:23-00:28
‚Diese drei haben jetzt die Prüfung, diese vier müssen warten.‘

Auch in Beispiel (b) werden die Zahlen (‚drei‘ und ‚vier‘) an unterschiedlichen Orten im Raum ausgeführt. Während die ndH die zweite Zahl hält, macht die dH eine Aussage zur ersten Anzahl (‚diese haben jetzt die Prüfung‘). Anschliessend dann folgen weitere Erläuterungen zur zweiten Anzahl mit der ndH.

Eine Besonderheit stellen Brüche dar. Diese werden auf der vertikalen Ebene folgendermassen dargestellt:

(a) EIN(oben) – ZWEI(unten)  I   ZWEI(oben) – DREI(unten)  I  EINS(oben) – VIER(unten)   I  EINS(oben) – ZEHN(unten) – 00:10-00:17

‚ ½  ⅔  ¼  ⅒ ‘

Der Zähler wird auf der Vertikalen oberhalb eines virtuellen Bruchstrichs, der Nenner unterhalb desselben gebärdet analog der schriftlichen Darstellung mit Bruchstrich. Zähler und Nenner werden üblicherweise mit einer leichten Vorwärtsbewegung ausgeführt; dies ist jedoch nicht obligatorisch.

Brüche können im Raum platziert und somit zuvor verorteten Referent:innen zugeordnet werden:

(b) EIN(oben-links) – ZWEI(unten-links)   I  ZWEI(oben-mitte) – DREI(unten-mitte)   I   EINS(oben-rechts) – FÜNF(unten-rechts) – 00:30-00:33

‚Diese ½, diese ⅔, diese ⅕ .

Gebärden für Zahlen werden in der Regel im neutralen Raum ausgeführt. Sie können ebenso auf der horizontalen oder vertikalen Ebene an jenen Positionen ausgeführt werden, an denen zuvor Referent:innen verortet wurden, um den Bezug zu diesen herzustellen. Diese Möglichkeit, den dreidimensionalen Raum zu nutzen, verschafft viel Klarheit. Dazu einige Beispiele:

(a) ZWEI(links)   DREI(rechts)    VIER(mitte-vorne) – 00:16-00:19
‚Hier (links) sind zwei …., hier (rechts) drei …., hier (vorne) vier … .‘

(b) 4-IX-3pl(links)   2-IX-3pl(rechts)  – 00:19-00:21
‚Hier (links) zu viert …, hier (rechts) zu zweit … .‘

Die gewählten Positionen in Beispiel (a) (links, rechts, vorne) und in Beispiel (b) (links, rechts) können dem realen Raum entsprechen oder rein grammatikalische Funktion haben (grammatikalischer Raum).

(c) ERS-TE    ZWEI-TE   DRIT-TE  – 00:22-00:25
‚Erstens …., zweitens …., drittens … .‘

In Beispiel (c) erfolgt eine Aufzählung auf der vertikalen Ebene von oben nach unten analog einer Rangliste.

(d) ERS-TE(links)   ZWEI-TE(rechts)   DRIT-TE(mitte)   – 00:25-00:26
‚Erstens …., zweitens …., drittens … .‘

In Beispiel (d) werden die einzelnen Aufzählungsglieder in Bezug gestellt zu zuvor auf der Horizontalen lokalisierten Referent:innen, indem die Aufzählungsglieder an den entsprechenden Orten ausgeführt werden.

(e) VIER-UHR(links-oben)  – 00:28-00:29
‚Vier Uhr dort auf der Uhr .‘

In Beispiel (e) wird der Bezug zum realen Raum deutlich: Die Gebärde ‚VIER UHR‘ wird in Richtung einer realen, aufgehängten Uhr ausgeführt.

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