Der reale Raum bezieht sich auf physisch anwesende Referent:innen in der aktuellen Umgebung der gebärdenden Person und gibt die tatsächlichen räumlichen Gegebenheiten und Bezüge wieder.

Ein Beispiel:

(a)

DU  KOCHEN  |  ICH  1HELFEN2   PROD-schneiden  ||00:17-00:20

‘Du kochst und ich helfe dir beim Zubereiten.’

 

Im folgenden Satz wird ein Kind im Gespräch auf vorhandene Dinge in der Umgebung hingewiesen:

(b)

IXa  HAUS  IXa  |  IXb  KATZEb  |  IXc  BAUM||00:23-00:29

‘Hier ist ein Haus, da eine Katze und dort steht ein Baum.’

Wird über Erlebtes oder nicht physisch präsente Referent:innen berichtet, so kommt der grammatikalische Raum zur Anwendung. Die Verortung der Referent:innen entspricht nicht den tatsächlichen räumlichen Gegebenheiten.

 

(c)

HAUS  IXa  |  BAUM  IX  ||00:44-00:47

‘Dieses Haus, jener Baum.’

Im topografisch Raum wird eine mentale Vorstellung des bereits erlebten realen Raums abgebildet, als würde man beim Erzählen wieder in diesen eintauchen. Die Anordnung der Referent:innen spiegelt dabei die realen Raumverhältnisse in der erlebten Situation. Auf die unterschiedlichen Perspektiven, welche dabei eingenommen werden können, wird im Kapitel Rollenwechsel eingegangen (siehe Kapitel 11).

Um auf Menschen, Dinge, Tiere und abstrakte Ideen im weiteren Verlauf einer Aussage wieder Bezug nehmen, also referenzieren zu können, werden ihnen in Gebärdensprache symbolische Räume beziehungsweise Loki (Ausführungsstellen im Gebärdenraum) zugewiesen. Diese fungieren als mentale Platzhalter für die tatsächlichen Referent:innen beziehungsweise Entitäten und erhalten damit grammatikalische Bedeutung. Die Anordnung im Raum kann die tatsächlichen räumlichen Gegebenheiten spiegeln.

Es gibt drei verschiedene Möglichkeiten, den Gebärdenraum zu nutzen, um Referent:innen zu verorten und auf sie zu referenzieren. Für physisch anwesende und konkrete Referent:innen wird der sogenannte reale Raum verwendet, welcher die tatsächlichen räumlichen Gegebenheiten im Hier und Jetzt wiedergibt. Im grammatikalischen Raum werden abwesende oder abstrakte Referent:innen verortet. Der topografische Raum hat einen Bezug zum realen Raum. Er bildet Referent:innen und ihre Verhältnisse zweidimensional auf einer vertikalen oder horizontalen Ebene (imaginäre Landkarte) oder dreidimensional (auf einer imaginären Weltkugel) ab. Die gebärdende Person kann den topografischen Raum je nach eingenommener Perspektive unterschiedlich strukturieren und den Massstab, in dem die Verhältnisse wiedergegeben werden, variieren.

Die Unterscheidung zwischen realem, grammatikalischem und topografischem Raum ist rein «konzeptuell».  Die Bezugnahme auf Referent:innen findet im gleichen tatsächlichen Gebärdenraum statt. Das Indizieren innerhalb eines dieser Räume sieht in seiner Form gleich aus.

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