Zahlen spielen in unterschiedlichsten Bereichen eine Rolle. Die Mathematik ist nur einer davon. Im Folgenden wird die Darstellung einiger ausgewählter Arten mathematischer Zahlen in DSGS aufgezeigt. Fokussiert wird dabei auf natürliche Zahlen (0; 1; 2; 3; …), ganze Zahlen (…; -3; -2; -1; 0; 1; 2; 3; …) und rationale Zahlen (1/2; 3/4; -2/8; …). In der Mathematik sind Zahlen meist an Masseinheiten (Länge, Fläche, Volumen, Gewicht, Zeit), Geldeinheiten, Altersangaben o.a. gebunden. In diesem Kapitel wird u.a. speziell der Bezug zu Zeiteinheiten (Kapitel 8.32) und Geldbeträgen (Kapitel 8.33) betrachtet.
Die Darstellung von Zahlen / Nummern in einer Sprache ist in den entsprechenden kulturellen Kontext eingebunden. In der DSGS sind die griechischen Zahlen und das Dezimalsystem Grundlage dafür.
Die Zahlen 1 bis 10 werden folgendermassen gebärdet:
(a) EINS ZWEI DREI VIER FÜNF SECHS SIEBEN ACHT NEUN ZEHN – 00:14-00:20
Begonnen wird mit dem ausgestreckten Daumen der dominanten Hand (dH) für die Zahl 1; es folgt jeweils zusätzlich der benachbarte ausgestreckte Finger für die nachfolgende Zahl. Bei den Zahlen 4 und 9 wird der Daumen nicht miteinbezogen; sie werden mit ausgestrecktem Zeige-, Mittel-, Ring- und kleinem Finger der dH dargestellt.
Alternativ dazu können die Zahlen 4 und 9 auch wie folgt gebärdet werden:
(b) Alternative Darstellung Zahl 4 – 00:23
Anstelle des kleinen Fingers wird der Daumen ausgestreckt.
(c) Alternative Darstellung Zahl 9 – 00:24
Anstelle des kleinen Fingers wird der Daumen ausgestreckt.
Begonnen wird mit Zählen jedoch auch bei diesen alternativen Gebärden mit dem ausgestreckten Daumen für die Zahl 1, wie in (a) aufgezeigt.
Das Zählen beginnt stets mit der dH. Ab der Zahl 6 wird die Zahl 5 mit der passiven Hand gehalten, das Weiterzählen geschieht mit der aktiven Hand. Bei jeder neuen Zahl erfolgt eine leichte, kurze Vorwärtsbewegung der Hand / der Hände:
(a) EINS ZWEI DREI VIER FÜNF SECHS SIEBEN ACHT NEUN ZEHN – 00:14-00:21
Die Handflächen sind normalerweise auf die gebärdende Person gerichtet, es sei denn, es wird vor einem grossen Publikum gebärdet; in diesem Fall dürfen die Handflächen der gebärdenden Person nach vorne zeigen und die Gebärden werden weiter oben und vorne im Gebärdenraum ausgeführt, so dass sie für alle gut sichtbar sind (analog dem lauten Sprechen in der gesprochenen Sprache):
(b) ACHT NEUN – 00:36-00:37
Die Zahlen 13 bis 19 unterscheiden sich von den Zahlen 3 bis 9 einzig durch die Bewegung: Die Hand beziehungsweise die Hände führt / führen eine kleine kreisende Bewegung zur Seite hin aus:
(a) DREIZEHN VIERZEHN FÜNFZEHN SECHSZEHN SIEBENZEHN ACHTZEHN NEUNZEHN – 00:18-00:25
‚13, 14, 15, 16, 17, 18, 19.‘
Für die Zahlen 11 und 12 existieren unterschiedliche Gebärden (einhändig oder zweihändig):
(b) ELF ZWÖLF –00:35-00:37
‚11, 12.‘
Die Zahlen ‚11‘ und ‚12‘ werden in einigen Dialekten (b) einhändig gebärdet mit einem kurzen Halt zu Beginn der Ausführung, gefolgt von einer Abwärtsbewegung.
(c) ELF ZWÖLF – 00:45-00:46
‚11, 12.‘
Die zweihändige Ausführung in Beispiel (c) mit identischen Handformen von dH und ndH, jedoch asynchroner Bewegung findet sich in anderen Dialekten.
(d) ELF ZWÖLF DREIZEHN … – 00:52-00:54
‚11, 12, 13, … .‘
Im Gegensatz zu den Beispielen (b) und (c) werden die Zahlen 11 und 12 in Beispiel (d) nach denselben Regeln ausgeführt wie die Zahlen 13 bis 19.
Dass die Zahlen 11 und 12 in den Varianten (b) und (c) mit den Zahlen 13 bis 19 nichts gemein haben, ist historisch begründet: Hier ist der Einfluss der lautsprachlich orientierten Bildung auf einzelne Gebärden erkennbar: Die Wörter «elf» und «zwölf» unterscheiden sich von der Bildung der Wörter «drei-zehn», «vier-zehn», usw. Diese Unterscheidung widerspiegelt sich ebenfalls in den entsprechenden – ein- oder zweihändig ausgeführten – Gebärden.
In der Dialektvariante in Beispiel (d) ist der lautsprachliche Einfluss eliminiert.
Diese Unterscheidung widerspiegelt sich in den entsprechenden Gebärden.
In der Regel sind die Handformen der Gebärden für die unterschiedlichen Zahlen klar festgelegt. Die Zahlen 1, 2 und 4 dürfen jedoch auch mit einer alternativen Handform ausgeführt werden:
(a) Alternative Handform Zahl 1
– 00:18
(b) Alternative Handform Zahl 2
– 0:23
(c) Alternative Handform Zahl 4
– 0:28
Diese Varianten sind nur für die Bildung der Einerzahlen (1, 2, 4), jedoch nicht für die Bildung der Zehnerzahlen (21, 22, 24, …) erlaubt. Wann die alternativen Handformen benutzt werden, ist abhängig vom situativen Kontext und den anwesenden Personen. Sie kommen bei internationalen Begegnungen / in Kontaktsprachen zur Anwendung.
Die Zehnerzahlen (20, 30, 40, …) werden mit einer sogenannten Pronation ausgeführt (Auswärtsdrehung des Unterarms, wobei die Handfläche zunächst zur gebärdenden Person zeigt und anschliessend nach vorne gedreht wird):
(a) ZWANZIG DREISSIG VIERZIG FÜNFZIG SECHZIG SIEBZIG ACHTZIG NEUNZIG – 0:15-0.20
Hunderterzahlen (100, 200, 300, …) können auf zwei unterschiedliche Arten ausgeführt werden. Eine ältere Variante besteht aus zwei Gebärden; die heute am häufigsten verwendete Variante ist die Reduzierung dieser Gebärdenkombination auf eine Gebärde.
Ältere Variante
Die Hunderterzahl setzt sich zusammen aus der Gebärde für die Einerzahl (1, 2, 3, …) und der Gebärde ‘HUNDERT’:
(a) EIN HUNDERT I ZWEI HUNDERT I DREI HUNDERT – 00.42-00.45
‚100, 200, 300.’
Die Gebärde ‘HUNDERT’ kann dabei mit zwei unterschiedlichen Bewegungen ausgeführt werden. Die Handform ist jedoch bei beiden Varianten dieselbe (Faust):
(b) EIN-HUNDERT – 00.24-00.28
‚100.‘
Aktuell am häufigsten verwendete Variante
Diese Variante setzt sich immer stärker durch. Sie inkorporiert die Gebärde für die Einerzahl (1, 2, 3, …) in die Abwärtsbewegung der Gebärde ‘HUNDERT’:
(c) EIN-HUNDERT ZWEI-HUNDERT DREI-HUNDERT VIER-HUNDERT … – 00.55-00.57
‚100, 200, 300, 400, 500, 600, 700.’
Jahreszahlen beziehen sich auf den Zeitraum eines ganzen Jahrhunderts. Sie geben beispielsweise das Geburtsjahr einer Person an. In DSGS wird eine Jahreszahl wie z.B. 1963 nicht in der Abfolge ‚TAUSEND‘ – ‚NEUNHUNDERT‘ – DREIUNDSECHZIG‘ dargestellt, sondern als ‚NEUNZEHN‘ – ‚HUNDERT‘ – ‚DREIUNDSECHZIG‘, wobei nach der Gebärde ‚HUNDERT‘ eine kurze Pause eingelegt wird:
(a) NEUNZEHN + HUNDERT Kurzpause DREISECHZIG – 00:24-00:25
‚1963 … .‘
Ebenso ist erlaubt, nur die Zehnerzahl (63) zu gebärden, wenn das Jahrhundert vorher benannt wurde oder aus dem Kontext hervorgeht.
Bezieht sich die gebärdende Person auf einen mehr oder weniger eingegrenzten historischen Zeitraum, während dem etwas stattgefunden hat, so wird eine Gebärde hinzugefügt, welche eine ungefähre Dauer bezeichnet:
(b) NEUNZEHN + HUNDERT Kurzpause FÜNFZIG ZL(b-ZWISCHEN) – 00:39-00:41
‚In den (neunzehnhundert)fünfziger Jahren … .‘
Auch hier kann das Jahrhundert weggelassen werden, wenn dies ersichtlich ist:
(c)
ACHTZIG ZL(b-ZWISCHEN) oder ACHTZIG ZEIT ZL(b-ZWISCHEN) – 00:49-00:51
‚In den Achtzigerjahren … .‘
Tausenderzahlen (1‘000 bis 9‘000) setzen sich immer aus zwei Gebärden, der Gebärde für die Einerzahl (1, 2, 3, … ) und der Gebärde ‚TAUSEND‘ zusammen:
(a) EINS + TAUSEND usw. – 00:13-00:14
Die Bewegung der Gebärde ‚TAUSEND‘ gleicht jener der älteren Gebärde für ‚HUNDERT‘. Sie wird mit der gleichen Handform und Drehbewegung ausgeführt, jedoch mit gleichzeitiger Vorwärts- und stärkerer Pfad-Bewegung.
Die Reihenfolge von Einer- und Zehnerzahl innerhalb der Zahlen 21 bis 99 entspricht jener der gesprochenen deutschen Sprache (Zwei-und-sechzig). Zuerst wird die Einerzahl gebärdet (‚ZWEI‘, anschliessend die Zehnerzahl (‚SECHZIG‘). Bei der geschriebenen Zahl verhält es sich genau umgekehrt (6-2).
Im Gegensatz zur gesprochenen Sprache, in welcher das ‚und‘ auch benannt wird, braucht es dafür keine Gebärde, auf dem Mundbild erscheint es jedoch:
(a) ZWEISECHZIG – 00:32-00:33
‚Zweiundsechzig.‘ (62)
Die Abfolge der einzelnen Ziffern in einer mehrstelligen Zahl in DSGS deckt sich mit der Abfolge in der gesprochenen deutschen Sprache, unterscheidet sich jedoch von der Reihenfolge der Ziffern in der geschriebenen Zahl.
In dreistelligen Zahlen gilt die Reihenfolge Hunderter – Einer – Zehner.
Dazu ein Beispiel:
(a) 1-HUNDERT + ZWEIDREISSIG – 00:19-00:20
‚Hundertzweiunddreissig.‘
In der geschriebenen Zahl steht der Hunderter ebenfalls an erster Stelle, der Zehner in Leserichtung jedoch vor dem Einer (132).
In vierstelligen Zahlen gilt folgende Reihenfolge: Tausender – Hunderter – Einer – Zehner. Die letzten beiden Ziffern sind hier im Vergleich zur geschriebenen Zahl ebenfalls vertauscht. Nach der Gebärde ‚TAUSEND‘ wird kurz pausiert
Ein Beispiel:
(b) SIEBEN+TAUSEND Kurzpause 1-HUNDERT ZWEIDREISSIG – 00:39-00:41
‚Siebentausendeinhundertzweiunddreissig.‘ (7‘132)
Auch bei fünf- beziehungsweise sechsstelligen Zahlen wird analog der gesprochenen Sprache gebärdet. Es gelten folgende Reihenfolgen: Tausender – Zehntausender – Hunderter – Einer – Zehner (fünfstellige Zahl) beziehungsweise Hunderttausender – Tausender – Zehntausender – Hunderter – Einer – Zehner (sechsstellige Zahlen). Nach der Gebärde ‚TAUSEND‘ wird kurz pausiert. Dazu ein Beispiel:
(c) EINZWANZIG TAUSEND Kurzpause 1-HUNDERT+ ZWEIDREISSIG – 00:25-00:29
‚Einundzwanzigtausendeinhundertzweiunddreissig.‘ (21‘132)
In DSGS existieren folgende lexikalisierte Zahlgebärden:
(a) HUNDERT oder 1-HUNDERT – 00:10-00:12
‚Hundert.‘
In die Gebärde ‚HUNDERT‘ kann die konkrete Anzahl inkorporiert werden.
(b) TAUSEND – 00:21-00:22
‚Tausend.‘
(c) MILLION – 00:25-00:26
‚Million.‘
(d) MILLIARDE – 00:28-00:29
‚Milliarde.‘
(e) BILLION – 00:30-00:31
‚Billion.‘
Zahlen können in die Gebärden für Referenzen, Zeitangaben und Geldbeträge inkorporiert werden.
Die Anzahl Referent:innen kann durch die Inkorporation der jeweiligen Zahl in das Personalpronomen angegeben werden. Das Personalpronomen mit inkorporierter Zahl wird jeweils an jenem Ort im Gebärdenraum ausgeführt, an welchem die Referent:innen zuvor verortet wurden. Dazu einige Beispiele:
(a) ZAHL-3-IX-3pl – 00:11-00:12
‚Diese/die drei … .‘
(b) ZAHL-2-IX-3pl – 00:12-00:14
‚Diese/die beiden … .‘
(c) ZAHL-3-IX-3pl(links) ZAHL-5-IX-3pl (rechts) GEGEN – 00:15-00:18
‚Diese/die drei treten gegen diese fünf an.‘
Um die konkrete Anzahl Wochen, Monate oder Jahre anzugeben, kann die Gebärde für die entsprechende Zahl der Gebärde für die Zeiteinheit vorangestellt (g, h, i, j) oder in sie inkorporiert (d, e, f) werden.
Eine konkrete Uhrzeit (volle Stunde) kann auch angegeben werden ohne die Gebärde ‚UHR‘; die gebärdete Zahl muss dann aber mit einer spezifischen Bewegung ausgeführt werden (a, b, c).
Angabe der Uhrzeit durch Zahl und Bewegung
(a) VIER-UHR – 00:10-00:11
‚Vier Uhr.‘
Die Gebärde ‚UHR‘ wird durch eine schnelle Hin- und Herbewegung der Gebärde ‚VIER‘ ersetzt. Das Mundbild ‚Uhr‘ ist dabei obligatorisch. Diese Variante ist effizient, da nur eine Gebärde benötigt wird.
(b) FÜNF-UHR – 00:24
‚Fünf Uhr.‘
(c) SIEBEN-UHR – 00:25
‚Sieben Uhr.‘
Angabe der Anzahl Wochen, Monate oder Jahre durch Inkorporation der Zahl
(d) ZWEI-WOCHE – 00:38-00:39
‚Zwei Wochen.‘
(e) DREI-MONAT – 00:40-00:41
‚Drei Monate.‘
(f) VIER-JAHR – 00:42-00:43
‚Vier Jahre.‘
Auch die Inkorporation einer Zahl in die Gebärde für eine Zeiteinheit ist effizient; auch hier wird nur eine Gebärde benötigt.
Angabe der Anzahl Stunden, Wochen, Monate oder Jahre durch Voranstellen der Zahl
(g) VIER UHR – 00:18-00:19
‚Vier Uhr.‘
(h) ZWEI WOCHE+ – 00:51-00:52
‚Zwei Wochen.‘
(i) VIER MONAT+ – 00:53-00:54
‚Drei Monate.‘
(j) VIER JAHR – 00:54-00:55
‚Vier Jahre.‘
Da bei diesen Varianten (g, h, i, j) zwei Gebärden produziert werden, benötigt ihre Ausführung mehr Zeit.
Die Zahlen 1 bis 10 können zur Darstellung von Geldbeträgen inkorporiert werden. Dazu führt die aktive Hand (Beträge bis CHF 5) beziehungsweise führen beide Hände (Beträge ab CHF 6) bei Zeigen der entsprechenden Zahl die Bewegung aus, welche auch für die Gebärde ‚WOCHE‘ benutzt wird.
Zwei Beispiele:
(a) ZWEI-FRANKEN FÜNFZIG – 00:15-00:17
‚2 Franken 50 Rappen.‘
Das Mundbild ‚Franken‘ ist dabei obligatorisch. Dass es sich bei der nachfolgenden Zahl ‚FÜNFZIG‘ um Rappen handelt, ist eine logische Folgerung.
(b) ZEHN-FRANKEN – 01:00-01:01
‚10 Franken.‘
Ohne Zahl-Inkorporation muss der Gebärde für die Zahl die Gebärde ‚FRANKEN‘ folgen:
(c) ZWEI FRANKEN – 00:45-00:46
‚2 Franken.‘
Beträge über CHF 10 erfordern zwingend die Gebärde ‚FRANKEN‘:
(d) ELF FRANKEN – 01:01-01:03
‚11 Franken.‘
Aufzählungen bis max. 10 (1., 2., 3., … 10.) werden mit einer sogenannte Supination ausgeführt (Einwärtsdrehen des Unterarms, wobei die Handfläche zunächst nach vorne zeigt und anschliessend zum Körper der gebärdenden Person hin gedreht wird. Die Bewegung verläuft also genau umgekehrt zur Bewegung bei den Zehnern (20, 30, 40, …):
(a) DRITT-TE FÜNFT-TE SIEB-TE ZEHN-TE – 00:22-00:27
‚Der/die/das dritte, fünfte, siebte, zehnte.‘
Ab dem 11. Aufzählungsglied ist zusätzlich eine der folgenden Gebärden erforderlich, um die Position innerhalb der Liste aufzuzeigen:
(b) DREIZEHN + Referenzmarker RM(Rang) –00:35-00:38
‚Der/die/das dreizehnte.‘
(c) RM(Liste/Reihenfolge) – 00:39-00:40
Aufzählungen können mit räumlichen Aspekten kombiniert werden, wie folgende Beispiele (d, e, f) zeigen. Die räumliche Anordnung ist dabei kontextabhängig:
(d) ERS-TE ZWEI-TE DRIT-TE VIERT-TE FÜNFT-TE – 00:51-00:55
‚Der/die/das erste, zweite, dritte, vierte, fünfte.‘
In diesem Beispiel (d) verläuft die Aufzählung vertikal von oben nach unten.
(e) ERS-TE(li-links) ZWEI-TE(li) DRIT-TE(mi) VIER-TE(re) FÜNF-TE(re-rechts) – 00:55-00:57
‚Der/die/das erste, zweite, dritte, vierte, fünfte.‘
Die Aufzählung verläuft hier (e) horizontal von links nach rechts.
(f) ERS-TE(rechts) ZWEI-TE(links) DRIT-TE(mitte) – 00:57-00:59
Die einzelnen Aufzählungsglieder können auch abwechselnd rechts und links im Raum ausgeführt werden (f), wenn dies dem Kontext oder den zuvor verorteten Referent:innen entspricht.
In der Regel werden die einzelnen Aufzählungsglieder einer Aufzählung mit der dH ausgeführt. Sie dürfen aber auch mit der ndH ausgeführt und gehalten werden: Die dH ist dann frei, auf die einzelnen Aufzählungsglieder zu referenzieren und weitere Aussagen dazu zu machen:
(a)
ndH: ERS-TE ZWEI-TE DRIT-TE
dH : IX IX IX
– 00:12-00:17
‚Erstens …., zweitens …., drittens … .‘
Ebenso besteht die Möglichkeit, die Aufzählungsglieder mit der dH auszuführen und die ndH jeweils dazu einzusetzen, die entsprechende Referenz zu halten. Dabei erfolgt keine Pronation des nicht dominanten Handgelenks:
(b)
ndH: EINS ZWEI DREI
dH: ERS-TE IX ZWEI-TE IX DRIT-TE IX
– 00:24-00:29
‚Erstens …., zweitens … .‘
Gebärden für Zahlen werden in der Regel im neutralen Raum ausgeführt. Sie können ebenso auf der horizontalen oder vertikalen Ebene an jenen Positionen ausgeführt werden, an denen zuvor Referent:innen verortet wurden, um den Bezug zu diesen herzustellen. Diese Möglichkeit, den dreidimensionalen Raum zu nutzen, verschafft viel Klarheit. Dazu einige Beispiele:
(a) ZWEI(links) DREI(rechts) VIER(mitte-vorne) – 00:16-00:19
‚Hier (links) sind zwei …., hier (rechts) drei …., hier (vorne) vier … .‘
(b) 4-IX-3pl(links) 2-IX-3pl(rechts) – 00:19-00:21
‚Hier (links) zu viert …, hier (rechts) zu zweit … .‘
Die gewählten Positionen in Beispiel (a) (links, rechts, vorne) und in Beispiel (b) (links, rechts) können dem realen Raum entsprechen oder rein grammatikalische Funktion haben (grammatikalischer Raum).
(c) ERS-TE ZWEI-TE DRIT-TE – 00:22-00:25
‚Erstens …., zweitens …., drittens … .‘
In Beispiel (c) erfolgt eine Aufzählung auf der vertikalen Ebene von oben nach unten analog einer Rangliste.
(d) ERS-TE(links) ZWEI-TE(rechts) DRIT-TE(mitte) – 00:25-00:26
‚Erstens …., zweitens …., drittens … .‘
In Beispiel (d) werden die einzelnen Aufzählungsglieder in Bezug gestellt zu zuvor auf der Horizontalen lokalisierten Referent:innen, indem die Aufzählungsglieder an den entsprechenden Orten ausgeführt werden.
(e) VIER-UHR(links-oben) – 00:28-00:29
‚Vier Uhr dort auf der Uhr .‘
In Beispiel (e) wird der Bezug zum realen Raum deutlich: Die Gebärde ‚VIER UHR‘ wird in Richtung einer realen, aufgehängten Uhr ausgeführt.
Eine Besonderheit stellen Brüche dar. Diese werden auf der vertikalen Ebene folgendermassen dargestellt:
(a) EIN(oben) – ZWEI(unten) I ZWEI(oben) – DREI(unten) I EINS(oben) – VIER(unten) I EINS(oben) – ZEHN(unten) – 00:10-00:17
‚ ½ ⅔ ¼ ⅒ ‘
Der Zähler wird auf der Vertikalen oberhalb eines virtuellen Bruchstrichs, der Nenner unterhalb desselben gebärdet analog der schriftlichen Darstellung mit Bruchstrich. Zähler und Nenner werden üblicherweise mit einer leichten Vorwärtsbewegung ausgeführt; dies ist jedoch nicht obligatorisch.
Brüche können im Raum platziert und somit zuvor verorteten Referent:innen zugeordnet werden:
(b) EIN(oben-links) – ZWEI(unten-links) I ZWEI(oben-mitte) – DREI(unten-mitte) I EINS(oben-rechts) – FÜNF(unten-rechts) – 00:30-00:33
‚Diese ½, diese ⅔, diese ⅕ .
Zahlen werden meist mir der dH, dürfen aber auch mit der ndH gebärdet werden. Es ist auch möglich, Zahlen – nacheinander beziehungsweise abwechselnd – mit der dH und der ndH auszuführen:
a)
ndH: EINS(oben-links) ZWEI(unten-links)
dH: DREI(oben-rechts) VIER(unten-rechts)
– 00:16-00:18
‚Diese ½, diese ¾ .‘
Die beiden Zahlen in Beispiel (a) werden an unterschiedlichen Positionen im Raum ausgeführt, dort, wo zuvor Referent:innen verortet wurden. Während die zweite Zahl gebärdet wird, hält die andere Hand die zuerst ausgeführte Zahl. Indem beide Hände in Gebrauch sind, bleiben beide Zahlen ersichtlich.
b)
dH: DREI-IX-3pl(rechts) IX(rechts) JETZT PRÜFUNG IX(rechts)
ndH: VIER-IX-3pl(links) > > 4-IX-3pl(li) MÜSSEN WARTEN IX(li)
– 00:23-00:28
‚Diese drei haben jetzt die Prüfung, diese vier müssen warten.‘
Auch in Beispiel (b) werden die Zahlen (‚drei‘ und ‚vier‘) an unterschiedlichen Orten im Raum ausgeführt. Während die ndH die zweite Zahl hält, macht die dH eine Aussage zur ersten Anzahl (‚diese haben jetzt die Prüfung‘). Anschliessend dann folgen weitere Erläuterungen zur zweiten Anzahl mit der ndH.
Beispiele langer Zahlenreihen sind Telefonnummern, Autonummern, Versicherungspolice-Nummern oder Bankkonto-Nummern. Bei ihrer Darstellung gilt es einige Regeln zu beachten.
Die einzelnen Zahlen einer langen Zahlenreihe werden – analog der Schreibrichtung – aus Sicht der gebärdenden Person von links nach rechts aneinandergereiht:
a) NULL(links-) SIEBEN NEUN VIER SECHS EINS SIEBEN FÜNF DREI SECHS(-rechts) – 00:25-00:18
‚0794617536‘
Eine Telefonnummer könnte auch im neutralen Raum vor dem Körper gebärdet werden:
b) NULL SIEBEN NEUN VIER SECHS EINS SIEBEN FÜNF DREI SECHS – 00:39-00:18
‚0794617536‘
Das durch die räumliche Anordnung in Beispiel (a) vermittelte Bild einer linearen Zahlenreihe wirkt jedoch klarer.
Eine weitere Möglichkeit ist das Gruppieren einzelner Ziffern innerhalb einer Telefonnummer zu Zehnerzahlen, wie dies in der Schreibweise mit Leerzeichen der Fall ist:
c) ….FÜNFSIEBSZIG(leicht rechts) SECHSDREISSIG(rechts) – 01:05-00:08
‚… 75 36‘
Einige Zahlenreihe (z.B. Versicherungspolice-Nummern) enthalten Punkte, Bindestriche, Kommas oder Sterne. Diese werden in Gebärdensprache ebenfalls angezeigt:
d) EINS EINS SIEBEN STRICH DREI DREI FÜNF KOMMA … – 01:35-01:41
‚117-335, …‘
In der digitalen Schreibweise der Uhrzeit steht zwischen den einzelnen Zeiteinheiten (z.B. Stunden und Minuten) ein Doppelpunkt. In Gebärdensprache kann je nach Kontext eine rein räumliche Anordnung (a) gewählt oder zusätzlich ein Doppelpunkt gesetzt (b) werden. Dabei werden die Zeiteinheiten (z.B. Stunden und Minuten) als Zehnerzahlen gebärdet:
a) DREIZWANZIG(leicht links) FÜNFZEHN(leicht rechts) – 00:15-00:17
‚23:15‘
b) DREIZWANZIG(leicht links) DOPPELPUNKT FÜNFZEHN(leicht rechts) – 00:18-00:20
‚23:15‘
Wettkampfzeiten setzen sich oft aus drei Zeiteinheiten (z.B. Minuten, Sekunden, Zehntelsekunden) zusammen. Die räumliche Anordnung im Gebärdenraum hilft, die einzelnen Zeiteinheiten voneinander zu unterscheiden:
c) DREIZWANZIG(leicht links) DOPPELPUNKT FÜNFZEHN(leicht rechts) DOPPELPUNKT NULL FÜNF(rechts) – 00:36-00:38
‚23:15:05‘
In Beispiel (c) werden die drei Zeiteinheiten an unterschiedlichen Positionen ausgeführt. Zusätzlich wird zwischen der zweiten und dritten ein Doppelpunkt gesetzt. Dieser ist nicht obligatorisch.
Die römischen Zahlen I und II werden wie folgt gebildet:
Dazu ein Beispiel:
(a) TEIL EINS(Hf:Zeigefinger) TEIL ZWEI(Hf:Zeigefinger) TEIL DREI(Hf:Zeigefinger) – 00:12-00:17
‚Teil I, Teil II, Teil III.‘
Anstelle der üblichen Darstellungen der Zahlen 1 und 2 (siehe Kapitel 14.11) stehen die römische I und die römische II.
Die lexikalisierte Gebärde ‚ERSTENS‘ ist ein Homonym. Sie steht für zahlreiche andere Begriffe. Einige werden mit, andere ohne begleitendes Mundbild gebildet:
(a) EINS ERS-TE WICHTIG HAUPTSACHE – 00:26-00:34
‚Beste, wichtig, erste, Hauptsache, Betonung ‘
Die Stellung dieser Gebärde im Satz und das begleitende Mundbild geben darüber Auskunft, ob es sich um ein Aufzählungsglied (‚ERSTENS‘) oder um einen anderen Begriff handelt. Oder ob betont wird, dass das, was eben erwähnt wurde oder sogleich erwähnt wird, besonders wichtig ist.
Zehnerzahlen werden in der Regel mit beiden Händen gebildet:
(a) SIEBENACHTZIG NEUNZEHN – 00:07-00:10
‚87, 19‘
Es ist jedoch auch möglich, solche Zahlen einhändig (dH) auszuführen. Die ndH wird dabei durch das begleitende Mundbild ersetzt. Voraussetzung dafür: Der Kontext und die beteiligten Personen sind gut vertraut.
Einige Beispiele solcher Kurzversionen:
(b) ZWEIDREISSIG(mb:siebenachzig) – 00:37-00:38
‚87‘
(c) VIERZEHN(mb:neunzehn) – 00:43-00:44
‚19‘
Eine weitere Möglichkeit ist die räumliche Komprimierung der zweihändigen Zahlen 16 bis 19. Die dH und die ndH überlagern sich dabei:
(d) SECHSZEHN SIEBZEHN ACHTZEHN – 01:02-01:04
‚16, 17, 18‘
Die räumliche Komprimierung ermöglicht eine schnellere Ausführung dieser Zahlen. Zudem eignet sie sich gut für die Kommunikation in taktiler Gebärdensprache mit gehörlosen Personen mit einer Sehbehinderung: Da die räumlichen Positionen der beiden Hände nicht auseinander liegen, kann die Zahl besser wahrgenommen und erfasst werden.
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