Kapitel 16

Register und Stil

Inhaltverzeichnis

Einführung

In der Gebärdensprache wird – wie in der gesprochenen Sprache auch – zwischen verschiedenen Sprachregistern unterschieden. Das sprachliche „Register“ ist die Art und Weise, wie eine Person zu einem Publikum/einer anderen Person spricht/gebärdet. Das Register kann von sehr „formell“ bis sehr „informell“ variieren.
Das Sprachregister ist abhängig vom jeweiligen Kontext und von den an einem Gespräch beteiligten Personen. Folgende Kriterien beeinflussen das Sprachregister:

Vertrautheit beziehungsweise Nähe/Distanz zwischen den Beteiligten
Es spielt eine Rolle, ob sich die Beteiligten sehr nahe sind, sich sehr gut kennen oder ob sie sich fremd sind und somit eine Distanz zwischen ihnen besteht.

Alter der Beteiligten
Das gewählte Sprachregister ist abhängig vom Alter der Beteiligten, also vom Alter einer Einzelperson oder den Mitgliedern einer Gruppe. Eine Gruppe kann altershomogen oder altersheterogen sein.

Anzahl der Beteiligten
Es spielt eine Rolle, ob es sich bei den Beteiligten um eine kleine Gruppe oder um eine grosse Gruppe handelt oder ob die gebärdende Person nur ein Gegenüber hat.

Ort/Öffentlichkeitsgrad des Gesprächsanlasses:
Ob die Gesprächssituation in der Öffentlichkeit (Vortrag, Bildungsanlass, usw.), zu Hause im privaten Rahmen oder draussen stattfindet, hat einen Einfluss auf das Sprachregister.

Studien zu Sprachregistern in DSGS

Zum Thema Sprachregister in Gebärdensprache liegen kaum Studien/Forschungsergebnisse vor. In der Deutschschweiz wurden dazu nur folgende kleineren Forschungsprojekte durchgeführt:
– Beobachtungen im Rahmen einer Gebärdensprachlehrer:innen-Ausbildung
– Bachelorarbeiten im Studiengang Gebärdensprachdolmetschen
– weitere kleinere Projektarbeiten, welche das Thema Sprachregister in Gebärdensprache behandeln.

Im Kapitel 16 Literatur werden einige davon aufgeführt.

Literatur

Eine der oben erwähnten kleineren Studien beziehungsweise Beobachtungen wurde mit den Teilnehmenden der Gebärdensprachlehrer:innen-Ausbildung 1990-1993 mit der Lehrenden Penny Boyes Braem durchgeführt. Um das Thema Sprachregister zu untersuchen, wurden Videoaufnahmen von den Teilnehmenden gemacht. Grundlage für die Studie war die Forschung von Martin Joos:
Joos, Martin (1961/62.) The Five Clocks, Bloomington: Indiana University research Centre in Anthropology, Folklore, and Linguistics. Reprinted in 1967 by Harcourt Brace & World, New York.

Joos beschreibt in seiner Einführung in die Kommunikation fünf Sprachregister, die in den folgenden Kapiteln erläutert werden. In der erwähnten Ausbildungsgruppe wurde anhand der Videoaufnahmen gemeinsam untersucht, ob diese fünf Sprachregister auch in der DSGS vorhanden sind.

Nachfolgend eine Auswahl weiterer kleinerer Studien zu Register und Stil in DSGS:

Boyes Braem, Penny & Tissi, Katja (2023). In Your Face: Im/politeness in signed languages, with examples from Swiss German Sign Language (DSGS). In Jucker, Andreas H. / Hübscher, Iris / Brown, Lucien (Hrsg.). Multimodal Im/politness: Signed, spoken, written. Amsterdam: John Benjamins Publishing Company. 27–63.

Jauch, Claudia (1994). Eine Studie der nonverbalen Kommunikation beim Erzählen eines Erlebnisses in Deutschschweizerischer Gebärdensprache. (VUGS Informationsheft Nr. 25, https://www.fzgresearch.org/PDF_VUGS/(25)%20Jauch%201994.pdf.

Die fünf Sprachregister

Es lässt sich feststellen, dass die folgenden fünf Sprachregister, die der amerikanische Linguist Joos (1961/62) für die gesprochene Sprache vorgeschlagen hat, auch für die Gebärdensprache hilfreich sind:

  • erstarrtes Register
  • formelles Register
  • beratendes Register
  • informelles Register
  • intimes Register

Erstarrtes Register in der DSGS

Das erstarrte Register ist in Gebärdensprache nicht oft zu sehen. Es wird in formellen Situationen der hörenden Gesellschaft benutzt, zum Beispiel bei Gericht. Die Ausdrucksweise in juristischen Texten wie Gesetzestexten ist  streng geregelt, hoch formalisiert und nicht veränderbar, daher der Begriff «erstarrt». Der Wortlaut eines Gesetzes beispielsweise muss exakt eingehalten werden, um rechtliche Gültigkeit zu haben. Wenn gehörlose Menschen Zugang zu höherer Bildung erhalten werden, wird sich das erstarrte Register möglicherweise auch in der Gebärdensprache etablieren.

Das erstarrte Register spielt auch eine Rolle in anderen Themenbereichen beziehungsweise für andere Interessengruppen. Religiöse Schriften wie die Bibel oder der Koran enthalten ebenfalls nicht veränderbare Formulierungen. Gibt es Berührungspunkte zwischen gehörlosen Menschen und diesen Bereichen, so wird auch in Gebärdensprache ein erstarrtes Register gebildet. Ein Beispiel für einen erstarrten religiösen Text ist das ‘Vater unser im Himmel’.

Aufgrund des noch geringen Stellenwerts des erstarrten Registers in der Gebärdensprache liegt der Fokus in den folgenden Kapiteln auf den anderen vier Registern und den dazu vorliegenden Daten.

Kriterien für die Sprachregister

Die fünf Sprachregister sind geprägt durch unterschiedliche zwischenmenschliche, kommunikative Begegnungen. Solche Begegnungen entstehen bereits unmittelbar nach der Geburt eines Menschen. Das Neugeborene lernt zunächst die Kommunikation in der Kernfamilie kennen, wobei sich Eltern beim Kommunizieren dem Kleinkind anpassen. Der Kreis der Gesprächspartner:innen erweitert sich zunehmend, nebst den Eltern kommen Geschwister, Grosseltern und weitere Verwandte hinzu, später Kinder und Erwachsene ausserhalb der Familie, mit Beginn der Schulbildung dann neue Freunde, Lehrpersonen, Fachpersonen oder der/die Direktor:in einer Institution. Das Kind lernt, dass die Kommunikation mit und zwischen all diesen Personen unterschiedlich funktioniert. Im Berufsleben geht es dann um die Kommunikation mit Vorgesetzten und Arbeitskolleg:innen. Im Alltag – beim Einkaufen, in der Freizeit, beim Sport, an politischen Anlässen – wird wiederum anders kommuniziert. Die Kommunikation passt sich also stets den unterschiedlichen Menschen an. Dabei spielen folgende Kriterien eine Rolle:

  • Der Grad der Vertrautheit/Nähe zwischen den Beteiligten. Sie können sich sehr gut kennen oder sich ganz fremd sein.
  • Das Alter der Beteiligten. Die Beteiligten können Klein-/Kinder, Jugendliche, Erwachsene oder ältere Menschen sein. Kinder begegnen bereits in ihrer Familie anderen Kindern ähnlichen Alters (Geschwister, Freund:innen) sowie Erwachsenen (Eltern, Verwandten wie Onkeln und Tanten, Nachbar:innen).
  • Die Grösse der Gruppe. Die Familie oder die Schulklasse kann klein oder gross sein.
  • Der Ort der Begegnung: Zuhause im vertrauten Rahmen, im öffentlichen Raum wie zum Beispiel in der Schule, am Arbeitsplatz, beim Einkaufen, in einer Bibliothek oder an einem politischen Anlass.

Sprachregister und Modalität

Die Modalität der Gebärdensprache spielt eine wichtige Rolle beim Bilden und Erkennen der unterschiedlichen Sprachregister. Die Modifikation der manuellen Komponenten Handform, Handstellung, Ausführungsstelle und Bewegung (dazu gehört auch der Sprachfluss) und der Einsatz nichtmanueller Komponenten (Mundform, Mundbild) prägen das jeweilige Sprachregister. Ausschlaggebend ist auch, ob nur eine Hand beim Gebärden benutzt wird, ob beide Hände im Einsatz sind oder ob oft zweihändig gebärdet wird.

Intimes Register

Voraussetzung für das Kommunizieren im intimen Register ist, dass sich die am Gespräch Beteiligten (Dialog oder Gruppe) sehr gut kennen, zwischen ihnen eine sehr grosse Nähe, eine tiefe Verbundenheit besteht. Dies ist zum Beispiel zwischen Familienangehörigen und in engen Freundschaften der Fall. Die Beteiligten haben viel zusammen erlebt, durchgemacht, unternommen und Zeit zusammen verbracht, so dass sie sich sehr gut kennen.

Das Turn-Taking (‘Sprecher’wechsel) im intimen Register erfolgt blitzschnell und sehr häufig. Auch wenn die Sätze oft nicht vollständig sind, verstehen sich die Beteiligten. Fachbegriffe werden nicht benutzt.

Da der Anteil an Mimik, Mundformen, Blick und/oder Bewegungen der Augenbrauen vergleichsweise grösser ist und weil die Beteiligten auf einen gemeinsamen Kontext zurückgreifen können, wird auch verstanden, was ‘zwischen den Zeilen’ liegt. Sie grenzen sich damit von Aussenstehenden ab – die dem Gespräch nicht folgen könnten – und signalisieren so ihre spezielle Verbundenheit. Dazu kreieren sie teilweise auch eigene «Geheim»-Gebärden, die Aussenstehende nicht verstehen. Dies setzt voraus, dass sich die Beteiligten sehr gut kennen, sich sehr nahestehen, sehr gut befreundet sind. Die manuellen Komponenten Handform und Handstellung werden im intimen Register oft schnell und weniger präzise ausgeführt, dennoch ist gegenseitiges Verstehen möglich. Der Gebärdenraum, welcher für die Positionierung von Referent:innen genutzt wird, ist kleiner. Beim Referenzieren ersetzt der Blick den Index, der Bezug zur Referenz ist dennoch klar. Die Bewegung ist schnell, der Sprachfluss rasant. Zudem wird häufiger der Kontakt zum eigenen Körper hergestellt, es wird näher beim Körper gebärdet und der eigene Körper wird häufiger berührt.

Informelles Register

Das informelle Register setzt voraus, dass sich die am Gespräch Beteiligten (Dialog oder Gruppe) gut kennen und sich nahestehen. Sie weisen ähnliche Merkmale auf, sind möglicherweise gleich alt, verfolgen gleiche Interessen oder verbringen viel Zeit zusammen in regelmässig wiederkehrenden Situationen.

Das Turn-Taking erfolgt schnell. Obwohl die Sätze oft nicht vollständig, also verkürzt oder lückenhaft sind, verstehen sich die Beteiligten. Sie unterbrechen sich gegenseitig häufig, indem sie sich ins Wort/in die Gebärde fallen, das Wort/die Gebärde ergreifen. Während ebenso viel Mimik eingesetzt wird wie im intimen Register, ist der Anteil an Mundbildern eher etwas höher. Die manuellen Komponenten Handform und Handstellung werden ebenfalls schnell, aber präziser ausgeführt. Der Gebärdenraum, welcher für die Positionierung von Referent:innen genutzt wird, ist vergleichsweise grösser. Es wird sowohl mit beiden Händen als auch einhändig gebärdet, während im intimen Register häufiger nur eine Hand benutzt wird. Je nach Alter der Beteiligten und Gesprächsinhalt kann die Grösse des Gebärdenraums stark variieren. Der zügige Sprachfluss und das Turn-Taking behindern wie im intimen Register das gegenseitige Verstehen nicht. Das informelle Register ist in alltäglichen Situationen zum Beispiel im Schulbereich, an einer Feier mit Freund:innen oder an einem Sportanlass anzutreffen.

Beratendes Register

Das beratende Register wird in Dialog- oder Gruppensituationen ganz unterschiedlicher Grösse benutzt. Dabei hat/haben eine oder mehrere Beteiligte ‘beratende’ Funktion inne. Die Beteiligten kennen sich nicht gut, das Verhältnis ist distanzierter als in den bereits erläuterten Sprachregistern. Die Beteiligten mit ‘beratender’ Funktion sind sogenannte Expert:innen, sie verfügen über mehr Wissen und Erfahrung als die anderen. Daher besteht zwischen den Beteiligten im Gegensatz zum informellen Register eine Asymmetrie (Expert:innen – übrige Beteiligte).

Die gebärdensprachliche Produktion ist präzise, das Turn-Taking verläuft gemächlicher und geordnet. Der Beitrag des/der Expert:in wird jeweils nicht unterbrochen, Meldungen des Gegenübers beziehungsweise aus der Gruppe erfolgen anschliessend. Das Turn-Taking kann durch den/die Expert:in gesteuert werden, indem er/sie aktiv das Wort/die Gebärde erteilt oder es kann durch Handerheben angekündigt werden, dass eine Person das Wort/die Gebärde ergreifen wird.

Ziel in solchen Interaktionssituationen ist die umfassende und präzise Information zu einem bestimmten Thema. Daher werden vollständige Sätze und oft auch längere Satzgefüge gebildet und gewisse Informationen werden wiederholt.

Wie in den bereits erläuterten Registern wird auch hier viel Mimik benutzt. Es werden jedoch mehr Mundbilder erzeugt, um Informationen zu transportieren. Auch der Anteil an Fachbegriffen ist höher. Die manuellen Komponenten Handform und Handstellung werden so klar und deutlich ausgeführt, dass sie für alle verständlich sind. Der Gebärdenraum, welcher für die Positionierung von Referent:innen zur Verfügung steht, ist grösser und Bezüge werden häufiger mittels Index oder flacher Hand mit Handfläche nach oben hergestellt. Beim Gebärden werden oft beide Hände eingesetzt. Das Tempo beim Gebärden und der Sprachfluss sind gemächlicher, so dass eine Information klar und deutlich übermittelt werden kann.

Das beratende Register findet sich häufig bei politischen Anlässen, Versammlungen, Abstimmungen, oft auch bei Eröffnungen (zum Beispiel bei Sportanlässen) und Verabschiedungen, in Kursen oder bei Vorträgen. Bei diesen Anlässen steht im Gegensatz zu Anlässen mit formellem Register die Information im Vordergrund oder die Beteiligten sind sich vertrauter als dies bei formellen Anlässen der Fall ist.

Formelles Register

Das formelle Register kommt in Situationen zum Tragen, in denen ein/e Vortragende/r zu einem Publikum unterschiedlicher Grösse spricht/gebärdet. Der/die Vortragende verfügt über einen breiten Erfahrungsschatz oder über umfangreiches Wissen und übermittelt Informationen von hoher Relevanz, die verstanden werden müssen. Während des Beitrags der vortragenden Person verläuft die Kommunikation nur in eine Richtung, es findet keine (verbale) Interaktion/kein Turn-Taking statt. Zur Beantwortung von Fragen wird der/die Fragesteller:in nach vorne gebeten. Vortragende/r und Publikum sind nicht vertraut miteinander, es besteht eine Distanz (auch physisch) und oft eine klare Asymmetrie. Die Beiträge der Vortragenden zeichnen sich durch vollständige und komplexe Sätze sowie komplexe Themen und zahlreiche thematische Verknüpfungen aus.

Via Mundbild des/der Vortragenden werden viele Fachwörter übermittelt. Die Mimik ist dezenter als in den anderen Registern. Die manuellen Komponenten Handform und Handstellung werden sehr präzise ausgeführt, die Anzahl an verwendeten Handformen kann sich aber auf eine bestimmte Auswahl beschränken. Um Referent.innen zu positionieren, wird der Gebärdenraum deutlich ausgedehnt und die Bezugnahme geschieht häufiger mittels flacher Hand mit Handfläche nach oben. Eine andere Möglichkeit ist folgende: Der/die Vortragende verändert seine/ihre eigene Position (zum Beispiel Schritt nach rechts oder links), um eine/n Referent:in zu verorten und kann sich später wieder auf diese/n beziehen, in dem diese Position (Schritt nach rechts beziehungsweise nach links) erneut eingenommen wird.

Das Tempo beim Gebärden ist langsam (jedoch geprägt vom individuellen Stil des/der Vortragenden), der Ablauf geordnet, der Sprachfluss ebenfalls eher langsam, was zum besseren Verständnis beiträgt.

Das formelle Register ist zum Beispiel zu sehen bei wichtigen Auftritten eines/einer Präsident:in, bei Eröffnungsreden, bei formelleren Informationsanlässen, bei der Information über den standardisierten Ablauf einer Vereinsversammlung, in einem Vortrag, der ein spezifisches Fachthema vertieft, bei einer Ehrung, bei diversen im Fernsehen übertragenen Anlässen, bei Vorträgen im Bildungsbereich, an Universitäten, bei unterschiedlichen Fachanlässen oder im Bankenwesen.

Ein herausstechendes Merkmal des formellen Registers ist die Symmetrie beim Gebärden durch das Einsetzen beider Hände, auch bei der Indexierung (Index-Handformen oder flache Hände mit Handfläche nach oben). Zudem wird oft PALM UP (ebenfalls zweihändig) eingesetzt und die Gebärden sind grösser.

Kontinuum und nichtmanuelle und manuelle Komponenten

Die Merkmale der unterschiedlichen Sprachregister in Gebärdensprache hängen stark mit der Sprachmodalität, mit den nichtmanuellen und manuellen Komponenten zusammen.

So können die Sprachregister auf einem Kontinuum angeordnet werden (von links nach rechts: intimes, informelles, beratendes, formelles, erstarrtes Register), welches auf der unterschiedlichen Ausprägung der nichtmanuellen und manuellen Komponenten beruht. Die Präzision von Handform und Handstellung, die Grösse des Gebärdenraums zur Positionierung von Referent:innen, der Anteil an Körperkontakt sowie das Tempo beim Gebärden nehmen von links (intimes Register) nach rechts (erstarrtes Register) zu. Auch die Ausprägung der nichtmanuellen Komponenten lässt sich auf diesem Kontinuum betrachten. Die Stärke der Mimik nimmt von links (intimes Register) nach rechts (erstarrtes Register) ab, sie wird zunehmend dezenter, der Anteil an Mundbildern jedoch wird grösser.

 

Es ist dabei zu beachten, dass dieses Kontinuum nicht nur der Beschreibung unterschiedlicher Sprachregister dient, sondern auch in der Kommunikation mit unterschiedlichen Zielgruppen – unabhängig vom Register – anzutreffen ist. Die Merkmale unterschiedlicher Sprachregister und der Kommunikation mit bestimmten Zielgruppen können sich also überschneiden. Um beispielsweise mit Kindern verständlich zu kommunizieren, wird langsam, klar und deutlich gebärdet und die Referent:innen werden im Gebärdenraum präziser und häufiger verortet (Kontinuum eher rechts). Das Kommunizieren mit Jugendlichen hingegen ist eher Richtung Mitte des Kontinuums anzusiedeln. Keines der beiden Beispiele aber bezieht sich auf ein bestimmtes Sprachregister.

Kontinuum, Höflichkeit und Zielgruppe

Die unterschiedliche Ausprägung der nichtmanuellen und manuellen Komponenten auf diesem Kontinuum dient auch dazu, den Höflichkeitsgrad zu signalisieren oder unterschiedliche Emotionen wie Wut, Frust oder Traurigkeit auszudrücken. Bei Wut wird der Gebärdenraum gross (rechts auf dem Kontinuum), bei Traurigkeit oder Frust eher klein und Handform und Handstellung sind weniger präzise (links auf dem Kontinuum).

Dieses Kontinuum kann also sowohl aufzeigen, welches Sprachregister benutzt wird, wie auch mit welcher Zielgruppe kommuniziert, welcher Grad an Höflichkeit geäussert oder welche Emotion ausgedrückt wird.
Zum Thema Höflichkeit siehe auch:
Boyes Braem, Penny & Tissi, Katja (2023). In Your Face: Im/politeness in signed languages, with examples from Swiss German Sign Language (DSGS). In Jucker, Andreas H. / Hübscher, Iris / Brown, Lucien (Hrsg.). Multimodal Im/politness: Signed, spoken, written. Amsterdam: John Benjamins Publishing Company. 27–63.

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