Formelles Register:

Das benutzte Sprachregister manifestiert sich in der Handform, mit welcher die Personalpronomen gebildet werden. In einem formellen Register (z.B. Vorlesung, besonderer Anlass, Anwesenheit spezieller Gäste) wird anstelle des Index die flache Hand mit Handfläche nach oben verwendet:

IX-2(Hf-B)    

IX-3(Hf-B)    

Privates Register:

In einem intimen beziehungsweise privaten Register oder beim ‘Flüstern’ zeigt sich ein Personalpronomen diskreter. Der Index wird weiter unten im Raum, näher am Körper und in einem kleineren Radius, also weniger offensichtlich, ausgeführt. Auf dieselbe Weise kann auch mittels ausgestrecktem Daumen auf eine anwesende Person referenziert werden.

IX-3(Hf-A)

 

Möglich ist das Referenzieren in diesem Register auch alleine durch die Blickrichtung, wie folgendes Beispiel zeigt:

(a)

Blickrichtung:        ix-3

Hände:                          SCHWANGER  ||    – 00:58-01:00

‘Sie ist schwanger.’

Personalpronomen sind bestimmte Pronomen. Sie beziehen sich entweder auf in der Kommunikationssituation anwesende oder auf zuvor eingeführte Referent:innen. Unbestimmte Pronomen stehen stellvertretend für nicht näher identifizierbare, also allgemeine beziehungsweise beliebige Referent:innen.

 

Das Hinweisen auf bestimmte Referent:innen kann mit unterschiedlichem Nachdruck erfolgen.

 

Folgende Mimik und die Wiederholung der hinweisenden Bewegung betonen, dass auf diese/n (!) Referent:in Bezug genommen wird:

(a) ‘Diese (!)’ – 00:41-00:46

 

Das Hinzufügen der Gebärde ‘PERSON’ kann die Betonung ebenfalls verstärken:

(b) ‘Diese (!!) Person’ – 00:57-00:58

 

Soll noch stärker betont werden, dass genau diese/r Referent:in gemeint ist, wird ergänzend die Gebärde ‘SELBER’ hinzugefügt:

(c) ‘Diese (!!!) Person’ – 01:05-01:07

 

Die Gebärden ‘PERSON’ und ‘SELBER’ können in dieser Reihenfolge hinzugefügt werden, um die Betonung zu verstärken. Es ist aber auch möglich, sie je einzeln mit der beschriebenen Mimik und Bewegungswiederholung zu kombinieren.

 

Unbestimmte Pronomen werden durch die folgende Mundform, Mimik und Gestik (leichtes PALM-UP) und Bewegung von Kopf und Oberkörper markiert, welche Nichtwissen ausdrücken:

 

(d) Unbestimmter Referenzwert

PALM-UPup   IX-3   – 01:31-01:32  /  01:34-01:36

 

(e) Unbestimmter Referenzwert

Der Indexfinger H kann auch durch die Gebärde ‘PERSON’ ersetzt werden:

PALM-UPup   PERSON01:43-01:45

 

In beiden Varianten (d) und (e) drückt die nichtwissende Mimik und Gestik (leichtes PALM-UP) aus, dass der/die Referent:in nicht näher identifizierbar ist. Eine weitere Möglichkeit zeigt folgendes Beispiel, in welchem die Gebärde ‘EIN’ von Kopfschütteln begleitet wird:

 

(f) Irgendein Mann:

PALM-UPup  EIN(schütteln) MANN

PERSON  oder  IX-3   – 02:02-02:06

Ein Personalpronomen muss nicht zwingend mit dem ausgestreckten Zeigefinger gebildet werden. Im Plural kann die 5-Handform verwendet werden.

(a)

IX-1pl          IX-1pl(Hf-5)  – 00:18-00:23

‘wir’

 

(b)

IX-3pl          IX-3pl(Hf-5)  – 00:24-00:27

‘sie’

 

(c)

IX-2pl          IX-2pl(Hf-5)  – 00:24-00:27

‘ihr’

 

Mögliche Variationen von ICH  – 00:44-00:48

Singular und Plural unterscheiden sich in der Regel durch die Bewegungsausführung des Index. Während beim Singular einmal oder zweimal kurz auf den/die Referent:in gezeigt wird, führt der Zeigefinger beim Plural eine Bogen- beziehungsweise Kreisbewegung aus.

 

Ein/e Pluralreferent:in (z.B. die Kinder) kann aber beim zweitmaligen Bezug auch mit einer Singularform (die Gruppe von Kindern) indexiert werden, wie folgendes Beispiel zeigt:

(a)

IX-3­­­­­­­­­­pla   KINDER  HEUTE  SCHULE  IXa  ||  IX-3a  MORGEN  WEGGEHEN  FERIEN  ||00:44-00:51

‘Die Kinder haben heute Schule. Morgen gehen sie in die Ferien.’

 

Aus mehreren Einzelelementen im Plural (z.B. die Kinder) wurde eine Menge gebildet (die Gruppe der Kinder), welche nun im Singular steht. Aufgrund ihrer Position im Gebärdenraum ist sie eindeutig identifizierbar.

Personalpronomen sind lexikalisierte Gebärden. Sie werden folgendermassen im Raum verortet:

 

1. Person Singular (Dt. ich)

ICH  = (IX-1)          kurze Zeigebewegung auf sich selber

00:06-00:08

 

2. Person Singular (Dt. du/Sie)

DU   = (IX-2)           kurze Zeigebewegung auf Gesprächspartner:in

00:09-00:11

 

3. Person Singular (Dt. er, sie, es)

IX-3                          kurze Zeigebewegung seitlich nach rechts/links

– 00:12-00:16

 

1. Person Plural (Dt. wir) 

IX-1pl                     Kreisbewegung mit dem Zeigefinger nach oben gerichtet nahe am Oberkörper

– 00:18-00:20

 

2. Person Plural (Dt. ihr)

IX-2pl                 Horizontaler Bogen mit dem Zeigefinger nach vorne gerichtet von links nach rechts oder hin und zurück

IX-2pla, b, c … 

– 00:21-00:25

 

3. Person Plural (Dt. sie)

IX-3pl               Kreisbewegung mit dem Zeigefinger nach unten gerichtet links oder rechts

IX-3pla, b, c…

– 00:24-00:25

 

Eine wichtige Rolle bei der Unterscheidung von 2. und 3. Person spielt die Blickrichtung. Bei der 2. Person bleibt der Blick auf den/die anwesende Adressat:in gegenüber gerichtet. Die 3. Person wird durch einen kurzen seitlichen Blick nach rechts oder links Richtung Referent:in signalisiert.

Ein Index  – Handform ist immer genderneutral, gibt also nicht an, ob der oder die Referent:in weiblich, männlich oder sächlich ist. Um das Geschlecht zu markieren, wird die Gebärde MANN oder FRAU dem Index vor- beziehungsweise nachgestellt.

Personalpronomen stehen sowohl stellvertretend für Konkretes (Personen, Tiere und Dinge) wie auch für abstrakte Konzepte wie z.B. ‘morgen’ oder ‘Die Liebe’. In DSGS werden Personalpronomen in Form von Indexen realisiert. Die Loki, auf die sie Bezug nehmen, fungieren dabei als eine Art mentaler Platzhalter im Raum für zuvor bezeichnete Referent:innen.

Eine Pronominale Referenz wird in der DSGS oft mittels ausgestrecktem Zeigefinger, dem sogenanntem Index realisiert. Er steht stellvertretend für zuvor im Gebärdenraum verortete Referent:innen wie Personen, Tiere, konkrete Dinge oder abstrakte Konzepte wie z.B. den Begriff Liebe in Beispiel:

(a)

LIEBE  IXa  |  ALLGEMEIN   INHALT   SCHWIERIG  ||00:41-00:46

‘Die Liebe … sie ist ein komplexes Thema.’

 

Der Lokus fungiert dabei als mentaler Platzhalter für ‘Die Liebe’, auf den mittels Index Bezug genommen werden kann.

Der grammatikalische Raum ist kein Abbild der tatsächlichen räumlichen Gegebenheiten und Bezüge. Die gebärdende Person kann entscheiden, wo im Gebärdenraum sie die Referent:innen verorten möchte. Dazu ein Beispiel:

(a)

HASE  IXa  |  HAUS  IXb  |  AUTO  IX||00:18-00:22

‘Der Hase, das Haus, das Auto.’

Da sich der grammatikalische Raum nicht auf reale Gegebenheiten bezieht, beansprucht er weniger Platz. Referent:innen werden in der Regel auf Brusthöhe platziert,

können jedoch auch höher, tiefer oder nach vorne verortet werden. Eine höhere oder tiefere Verortung hängt mit dem Status (z.B. Vorgesetzte – Untergebene), der Funktion oder der Position einer Person beziehungsweise eines Objektes (oben an einem Baum hängend, sitzen oder liegen) aus der Perspektive der gebärdenden Person zusammen.

Der reale Raum wird benutzt, wenn gebärdende Personen miteinander über das Hier und Jetzt kommunizieren. Er bezieht sich auf physisch anwesende Referent:innen in der aktuellen Umgebung und gibt die tatsächlichen räumlichen Gegebenheiten und Bezüge wieder. Ein Beispiel:

(a)
DU KOCHEN  |  ICH  1HELFEN2  PROD-schneiden  || -00:17-00:20

‘Du kochst und ich helfe dir beim Zubereiten.’

 

Im folgenden Satz wird ein Kind im Gespräch auf unterschiedliche Dinge in der Umgebung hingewiesen:

(b)

HASE  IXa   HÜPFEN  |  HAUS  IX|  AUTO  IXc  ||00:23-00:29

‘Dort hüpft ein Hase, dort ist ein Haus, hier ein Auto.’

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