Bei der Inkorporation von Zahlen werden die lexikalisierten Gebärden für Zeitangaben wie ‘JAHR’, ‘MONAT’, ‘WOCHE’, ‘STUNDE’ mit Zahlen verknüpft. Die jeweilige Zeiteinheit und ihre konkrete Anzahl können somit zeitgleich produziert werden.

Aufgrund phonetischer Beschränkungen können für die Zeiteinheit Jahre nur die Zahlen 1-5 inkorporiert werden, bei den Monaten ist die Inkorporation von Zahlen bis 10 möglich.

Für die Zeiteinheiten Tage, Sekunden und Minuten werden keine Inkorporationen vorgenommen.

 

Folgende Beispiele veranschaulichen die Inkorporation von Zahlen in Zeiteinheiten:

 

(a) DREI-JAHR00:22-00:29

‘drei Jahre’

 

Hier bildet die aktive Hand die Handform der Gebärde ‘DREI’  und führt gleichzeitig die Bewegung der Gebärde ‘JAHR’ aus, während die passive Hand die Handform der Gebärde ‘JAHR’ hält wie bei der nicht inkorporierten Variante.

 

(b) ZWEI-WOCHE00:32-00:36

‘zwei Wochen’

 

In diesem Beispiel bildet die aktive Hand die Gebärde ‘ZWEI’ und führt gleichzeitig die Bewegung der Gebärde ‘WOCHE’ aus, während die passive Hand dieselbe Handform hält wie bei der nicht inkorporierten Variante.

Lexikalisierte Zeitgebärden wie ‘GESTERN’, ‘MORGEN’ oder ‘ÜBERMORGEN’ werden in der Regel an den Satzanfang gestellt. Wenn in einer neuen Phrase eine neue Zeitinformation auftaucht, wird diese durch die entsprechende Gebärde signalisiert.

 

Nachfolgend einige Beispiele zur Stellung von Zeitangaben im Satz:

 

MORGEN  1BEIDE2  HAUPT BAHNHOF  IXa  ZÜRICH  TREFFEN||  – 00:03-00:07

Wir (beide) treffen uns morgen am Hauptbahnhof Zürich.

 

Die Zeitangabe ‘morgen’ wird an den Satzanfang gestellt, anschliessend folgt die Handlung.

 

Es können auch zwei Zeitangaben an den Satzanfang gestellt werden. Der Satzbau gestaltet sich dabei folgendermassen:

 

MORGEN  FÜNF-UHR  1BEIDE2  IXa  ZÜRICH  TREFFEN||  – 00:16-00:22

‘Morgen um fünf Uhr treffen wir (beide) uns am Hauptbahnhof Zürich.’

 

Dieses Beispiel enthält zwei Zeitangaben; ‘morgen’ und die genaue Uhrzeit.

 

 

Um eine bestimmte Zeitangabe zu betonen, kann folgende Satzstruktur verwendet werden:

 

MORGEN  1BEIDE2  HAUPT BAHNHOF ZÜRICH  IXa TREFFENa  |  FÜNF-UHR ||  – 00:30-00:37

‘Morgen treffen wir (beide) uns um fünf Uhr (!) am Hauptbahnhof Zürich.’

 

 

Hier wird die Zeitangabe ‘FÜNF-UHR’, auf welcher die Betonung liegt, an den Schluss gestellt.

 

 

Das folgende Beispiel zeigt, dass eine einmal angegebene Zeit nicht für jede folgende Handlung bzw. jeden folgenden Satz wiederholt werden muss, wie dies im Deutschen der Fall ist (Zeitflexion aller Verben). Erst wenn eine neue Zeitangabe folgt, dann wird diese hinzugefügt.

 

VERGANGENHEIT  ICH  BESUCHEN  SCHULE  |  LAUFEND  AUFWACHSEN ZL-Alter |  GUT  GEFALLEN  AUSTAUSCHEN  ||  JETZT  ICH DENKEN  1SCHAUEN-ZURÜCK  |  SCHÖN  ZEIT ||  – 00:01-00:14

‘Was mir an meiner gesamten Schulzeit gut gefallen hat, war der Austausch mit meinen Mitschüler:innen. Heute erinnere ich mich gerne an diese Zeit zurück.’

 

 

Dauert eine Erzählung an, so kann in deren Verlauf eine bereits produzierte Zeitgebärde wiederholt werden, um die zeitliche Verortung zu bestätigen.

Lexikalisierte Zeitgebärden sind konventionalisierte Gebärden mit einer – durch die Verwendung in der Sprachgemeinschaft – festgelegten Form und Bedeutung.

 

Nachfolgend eine Auswahl lexikalisierter Zeitgebärden (a-f):

 

(a) MORGEN00:19-00:20

(b) GESTERN00:20-00:21

(c) ÜBERMORGEN00:22-00:23

(d) VORGESTERN00:23-00:24

(e) HEUTE00:24-00:25

(f) JETZT00:25-00:26

Viele Sprachen benutzen räumliche Metaphern, um Zeitkonzepte auszudrücken (vor-gestern, über-morgen, nach vorne schauen). Zukünftige Ereignisse liegen vor uns, vergangene hinter uns. Dieser Logik folgt auch die DSGS.

 

In DSGS existieren drei Hauptarten, Zeit auszudrücken: Manuell per lexikalisierte Gebärden, durch nicht-manuelle Markierung wie Mimik und Oberkörper und durch spezifische Nutzung des Gebärdenraums.

Die Vergangenheit wird im Gebärdenraum posterior der Körperlängsachse ausgedrückt. Die Zukunft auf derselben Körperachse wie die Vergangenheit, aber anterior. Die Gegenwart wird im Gebärdenraum unmittelbar vor der gebärdenden Person ausgedrückt.

 

Es gibt aber auch Gebärdensprachen, bei denen sich dies – entsprechend der regionalen Kultur und der dort benutzten Lautsprache – genau umgekehrt verhält (die Vergangenheit ist bekannt, liegt also sichtbar vor uns, die unbekannte Zukunft liegt hinter uns).

 

Im Folgenden werden die verschiedenen Möglichkeiten, Zeit auszudrücken, dargestellt.

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